LemsenTales #8 (1/2): Der goldene Kreuzer

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Verfasst von Willem Bruuk


Nach einigen Monaten kam der Sohn Heinrichs zur Welt. Seine Mutter war Claudia. Es vergingen Jahre, er ging zur Schule. Er studierte. Er wurde ein Banker. Oma Lemsen wäre stolz auf ihn gewesen. Heinrichs Sohn, der Emil hieß, erbaute ein riesiges Gebäude auf einer Erhebung in Lemsendorf. Im Gebäude war sein Vermögen drin. Er wurde auch der „riesige Tresor“ genannt. Dennoch war Emil ein netter junger Geschäftsmann. Er gab seiner Siedlung viel Geld und errichtete zum Beispiel das neue Theater. Emil war so schön wie sein Vater. Doch nun kam es zu einem neuen Abenteuer. Emil war auf der Suche nach dem goldenen Kreuzer. Er war kostbar. Er war einzigartig.

Emil hatte in seinem Gebäude Scheine und Münzen aus aller Welt – nur der Kreuzer fehlte. Nur wo war der Kreuzer? In einem Lexikon seines Onkels Reinhold hatte er gelesen, dass das Volk der Witschis, bei dem Emils Vater Heinrich immer Abenteuergeschichten zu dem Dschungelvolk erzählte, diesen Kreuzer hatte. Jedoch bedeutet der Kreuzer dem Volk nichts. Laut dem Lexikon hatte es eine Frau des Volkes einen Goldbarren beim Bananenstampfen ausversehen mitgestampft – und so war der Kreuzer entstanden. Bekannt wurde der Kreuzer durch Forscher, die das Volk besuchten. Diese meinten, der Kreuzer diente als Untersetzer für die Tassen, aus denen das Volk seine Bananenmilch trank. Aber Emil musste los. Er hatte ein neues Boot gekauft. Und er wollte ganz alleine los. Das wollte sein Vater nicht, da er „zu unerfahren“ sei. Jedoch ließ sich Emil nicht von der Meinung des Vaters beeinflussen und hatte schon Pläne für die Gewinnung seines Kreuzers.

Nun stand er am Hafen. Er stieg ins Boot und startete den Motor. Lange dauerte es, bis er die Insel der Witschis fand. Sie sah so schön aus. Traumhaft wie aus Bilderbüchern. Mit Bananenpalmen und Sandstrand. An einem kleinen Steg band er sein neues Boot an. Er suchte den Eingang des Dschungels. Laut seinem Vater befand sich das Volk im Zentrum des Dschungels. Nach kurzen Suchen fand er den Eingang und ging hinein. Er hörte nur Vogelgezwitscher, bis ein Mann vor ihm stand. Emil erschrak. „Ich bin Hatscha der VII. Herscher der Witschis. Wie ist dein Name?“ Der alte Mann, der eine Tröte in der linken Hand hielt, starrte Emil an. „Mein Name ist Emil Lemsen.“ sagte er nach einem angstvollen Schlucken. Emil war nervös und schwitzte. „Lemsen…“ Der Anführer überlegte.

Plötzlich riss der Anführer seine Augen auf und schrie: „Lemsen! Lemsen! Der Nachfolger unserer Volkshelden ist zurückgekehrt!“ Hatscha klopfte Emil kräftig auf den Rücken. „Komm mit!“ Währenddessen, im Dorf, hatte sich das Volk versammelt und schrie: „Wir Witschis lieben Litschis!“. Viele hingen sich dabei die Frucht um den Hals und bildeten eine Polonaise. „Du hast sicher Durst.“ meinte Hatscha zu Emil. „Komm mit mir!“ Im Dorf war es ein wenig laut. Deswegen führte der Herrscher ihn in sein Palast. Dort setzen sich beide an einen Tisch. Hatscha gab ihm ein Glas und füllte es mit frischer Bananenmilch. „Ach wie unhöflich von mir.“ meinte Hatscha. „Jetzt hätte ich fast den Untersetzer vergessen!“ Untersetzer? Bekam er den goldenen Kreuzer? Dieser wurde laut den Forschern oft als Untersetzer benutzt. Das war ja einfach! Doch Emil wurde enttäuscht. Hatscha benutzte ein Blatt als Untersetzer. Doch wo war der Kreuzer? Nachdem Emil seine Milch ausgetrunken hatte, hatte er Bauchweh. War wohl ein wenig zu viel Milch für Emil. Dann stand Emil auf und meinte zu Hatscha: „Ich schau mich mal im Dorf um.“ Hatscha nickte.

Im Dorf sah er sich um. Dort war aber nirgends ein Tisch mit Bananenmilch zusehen, geschweige denn, ein goldener Kreuzer als Untersetzer. War der Kreuzer nur ein Mythos? Das kann nicht sein. Forscher hatten ihn gesehen. Emils Bauch tat immer noch weh. Doch da! Emil schaute in das Fenster einer Hütte. Hier lag der goldene Kreuzer auf einem Tisch. Da die Hütten keine Türen hatten, ging Emil hinein in die leere Hütte. Er nahm den Kreuzer und… wurde aufgehalten.

„Was tust du da?“ Emil lief es kalt dem Rücken hinunter. Eine junge Dame stand da. Er drehte sich zu der Frau um. „Ich…ich…“ Die Frau wurde rot. „Du bist ein sehr schöner, junger Mann. Küss mich!“ Küssen? Emil kannte die Frau doch gar nicht. Er schüttelte den Kopf. „Doch! Küss mich!“ Die Frau ging mit gespitzter Lippe auf Emil zu. Emil hatte den Kreuzer und er wollte fliehen. Doch die Frau hielt ihn an seiner Kleidung fest. „Nicht so voreilig. Warum küsst du mich nicht?“ Der Ton der Frau wurde strenger. „Ich… ich liebe dich nicht.“ Die Frau ballte ihre Fäuste und verpasste Emil einen Tritt in den Schritt. „Ihr Männer seid doch alle gleich!“ meinte die Dame und trete sich weg. Doch da rappelte sich Emil auf. Er floh. Weg von dieser Irreninsel. Ihm tat alles weh. Er raste zu seinem Boot und startete den Motor. Endlich hatte er den goldenen Kreuzer.

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